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Linkshändigkeit - Handicap oder Ressource?

22 Aug, 2017

Linkshändigkeit - Handicap oder Ressource?

Linkshänder machen etwa 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung aus. Linkshändigkeit wird offensichtlich vererbt. Bei Linkshändern ist die rechte Gehirnhälfte die dominante Seite. Sie gelten als künstlerisch und kreativ, was dem Aufgabenbereich der rechten Gehirnhälfte entspricht. Die linke Hälfte ist, vereinfacht gesprochen, die analytisch-mathematische Seite und bei Linkshändern oft nicht so dominant.

Die ersten Anzeichen für Linkshändigkeit lassen sich bereits im Kleinkindalter feststellen.

Und: Linkshänder haben es nicht leicht. Obwohl zum Glück die Zeiten der Umerziehung vorbei sind, müssen Linkshänder in einer rechts-dominierten Welt bestehen. Wie wir als Pädagogen ihnen dabei helfen können, soll dieser Artikel zeigen.

In Zeiten der Umerziehung

Es ist erst ein, zwei Generationen her, dass man meinte, Kindern mit Linkshändigkeit etwas Gutes zu tun, indem man sie zum Schreiben mit der rechten Hand zwang. Die Folgen waren fatal. Kinder, die mit der linken Hand sicher und geschickt waren, zeichnen und vielleicht schon etwas schreiben konnten, mussten plötzlich mit der ungeübten Hand eine Schrift lernen, die gefühlt in die falsche Richtung mit gefühlt falsch herum geschwungenen Buchstaben geschrieben wird.

Natürlich verkrampften sich viele Linkshänder bei dieser Aufgabe und verloren schon in den ersten Schultagen einen Gutteil ihres Selbstvertrauens und ihrer Freude am Arbeiten.Wie viele Schullaufbahnen wurden hier oft schon am Anfang negativ beeinflusst und durch Verspannungen, Schmerzen und Frustrationen geprägt! Nicht wenige Schüler haben dann in späteren Jahren den Füller doch noch in die linke Hand genommen und mal kurz eben erneut das Schreiben gelernt.

Durch diese brachiale Umerziehung hat aber nicht nur das Selbstbewusstsein der Kinder gelitten. In vielen Fällen ist tatsächlich im Gehirn einiges durcheinander gekommen. So ist das Orientierungsbewusstsein vieler Linkshänder oft auffallend schlecht und sie verwechseln häufig rechts mit links. Ihr natürlicher Drehsinn wird durch jede neue Schraube irritiert und es geht in ihnen in der von Rechtshändern dominierten und organisierten Welt vieles gegen den Strich. Mühsam müssen sie sich antrainieren und auswendig lernen, wie herum der Verschluss aufgeht, auf welcher Seite man sich richtig an der Kasse anstellt oder in welche Richtung sich die Schraube lockern lässt. Darüber hinaus verlieren sie leicht die Orientierung, wenn sie draußen unterwegs sind und können sich kaum auf einen inneren Kompass verlassen.

Umerzogene Linkshänder haben also oft auch in vielen anderen Bereichen mit Irritationen und Verunsicherungen zu kämpfen.

 

Linkshänderfreundliche Zeiten

Zum Glück haben sich die Zeiten geändert und kein Kind mehr wird bei uns zum Schreiben mit der rechten Hand gezwungen. Es gibt eine Vielzahl an Artikeln für Linkshänder, viele handwerkliche Betriebe schaffen spezielle Arbeitsplätze für sie und es gibt bundesweit Beratungsstellen.

Trotzdem bleiben gewisse Schwierigkeiten bestehen. Das Schreiben ist hier noch das geringste Problem. Zwar verwischt ein Linkshänder leicht die Schrift, wenn er mit der linken Hand beim Schreiben über die bereits geschriebene Zeile fährt, aber durch eine leichte Drehung des Heftes lässt sich das Problem ganz gut vermeiden.

Auch wenn einzelne Geräte, Apparate und Instrumente bereits in Linkshänder-Versionen hergestellt werden, ist es nach wie vor eine Welt der Rechtshänder und ganz nach deren Bedürfnissen ausgerichtet.

Linkshänder ticken einfach anders herum. Der Drehsinn spielt ja nicht nur bei einer Handbewegung, sondern auch bei der Körperdrehung eine Rolle. Linkshänder müssen immer wieder nachdenken, wie herum etwas funktioniert. Der innere Kompass wurde zu oft missachtet, um noch einwandfrei zu funktionieren.

 

Beidseitigkeit trainieren

Genau hier liegt aber auch das große Potential der Linkshändigen:

Sie haben es gelernt, umzudenken und gegen den eigenen Sinn Dinge zu tun. Auch wenn die Zeit der Umerziehung längst vorbei ist, werden Linkshänder in unzähligen Situationen nach wie vor dazu gezwungen, umzudenken und umzugreifen. Das macht ihr Gehirn flexibel. Beide Gehirnhälften werden so ständig gefordert und trainiert. Man spricht hier von der Lateralität der Gehirnhälften.

Die Beidseitigkeit der Hände und damit auch der Gehirnhälften zu trainieren ist natürlich auch für die rechtshändigen Kinder ein sehr effektives Hirntraining. Dabei kann sowohl hauptsächlich die schwache Hand, als auch die Synchronizität, also die Gleichzeitigkeit beider Hände geübt werden.

Es eignen sich Schreibübungen, Zeichenübungen, Schüttübungen, Fühlübungen usw. , nahezu jede Tätigkeit kann beidseitig eingeübt werden. Die Beidseitigkeit kann auch gut im Alltag trainiert werden, etwa beim Sport, beim Aufräumen oder beim Putzen.

Es ist eine großartige Erfahrung für die Kinder, wenn die Hand, mit der sich eine feinmotorische Bewegung zunächst komisch und anstrengend anfühlt, nach und nach sicherer und geschickter wird.

Ideal für die Verknüpfung beider Gehirnhälften und zudem ein Material, das die Kinder zentriert und ruhig macht, ist die liegende Acht, auf der eine Murmel balanciert wird. Kinder lieben dieses Material, als würden sie wissen, welch positiven Effekt es auf ihr Gehirn hat.

Arbeitskartei für Beidhändigkeit

 

Bildnachweis: Shutterstock/ AlohaHawaii                                                                                  Autorin: Marie Laschitz