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Montessori Pädagogik

Was bedeutet eigentlich „Hilf mir, es selbst zu tun?“

1 Apr, 2020

montessorilernweltenIn diesen Tagen sind viele Eltern mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Hinsichtlich der Kinderbetreuung und des Homeschoolings kann die Perspektive auf das Kind von Maria Montessori entlastend sein. Deshalb widmen wir uns heute der Frage: Was bedeutet eigentlich, "Hilf mir, es selbst zu tun?". Nach Maria Montessori ist jedes Kind der Baumeister seiner selbst. Es verfügt von Geburt an über einen inneren Bauplan mit individuellen Stärken, Schwächen und Fähigkeiten, um der Mensch zu werden, der er ist. Von diesem Blickwinkel aus betrachtet, bedeutet Montessoris Leitsatz „Hilf mir, es selbst zu tun“ vor allem, einem bereits kompetenten Kind Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten.

Lern-Beobachter und Lern-Begleiter

Hierfür nimmt der Erwachsene bzw. Pädagoge nach Montessori die wichtige Rolle eines Lern-Beobachters und Lern-Begleiters ein. Er zeichnet sich durch Zurückhaltung aus, gibt Hilfestellung (wo sie erforderlich und gewünscht ist), hat Respekt vor dem Tun des Kindes und beobachtet achtsam, welche Äußerung ein Kind spontan entfaltet. Die Beobachtung hat für Montessori unter all den pädagogischen Aufgaben einen besonders hohen Stellenwert: „Hierin nun liegt das Wesentliche; […] das Verlangen nach Beobachtung natürlicher Erscheinungen“1. Immerzu neue Anregungen für das Kind und dauerhaft "unterhaltende" Erwachsene sind demnach nicht notwendig.

 

Lern-Umgebung und Lern-Material

Durch Beobachtungen ist der Erwachsene bzw. Pädagoge anschließend in der Lage, Interessen, Stärken und Fähigkeiten und damit einen kleinen Teil des inneren Bauplans eines Kindes kennen zu lernen und die Lern-Umgebung an diese anzupassen. Beobachtet ein Pädagoge beispielsweise ein Kind, das Interesse daran zeigt, sich selbst zu entkleiden, kann er es bei dieser Lernaufgabe entsprechend begleiten. Hat das Kind Schwierigkeiten damit, Reißverschluss und Knöpfe zu öffnen, so soll er ihm diese Aufgabe nicht abnehmen. Er darf ihm zeigen, WIE ein Gegenstand funktioniert oder eine Handlung gelingt und ihm mit geeignetem Lernmaterial ermöglichen, diese Herausforderung eigenständig zu bewältigen – dem Kind helfen, es selbst zu tun.

 

Hilfe zur Selbsthilfe als Lebenskonzept

„Das Leben anzuregen – und es sich dann frei entwickeln und entfalten zu lassen – hierin liegt die erste Aufgabe des Erziehers“2. Ist die Lernumgebung individuell an ein Kind und seine aktuellen Interessen und Herausforderungen (immer wieder neu) angepasst, kann es sich frei entfalten und zu einem selbsttätigen sowie selbstwirksamen Menschen heranwachsen. Grundsätzlich nehmen diese Kinder Herausforderungen eher als Lern- und Wachstumschancen war. Und ein Kind, das Hilfe zur Selbsthilfe erfährt, ist letztlich auch in der Lage, eigene Lösungswege zu entwickeln: für sich und für andere.

 

 

Nachweise:

¹ Maria Montessori, Selbsttätige Erziehung im frühen Kindesalter, S. 82.
² ebd., S. 109.

Autorin: Silvia Löwenstein